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HessVGH: Weisungsrecht der Stadtverordnetenversammlung gegenüber Vertretern im obligatorischen Aufsichtsrat unzulässig

Gemeindevertreter sind nicht befugt gegenüber Aufsichtsratsräten von Aktiengesellschaften, an denen die Kommune beteiligt ist, Weisungen zu erteilen. Das hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (HessVGH) am 9.2.2012 beschlossen (AZ 8 A 2043/10).

Im zugrunde liegenden Fall wurde dem Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Wiesbaden als Aufsichtsratsvorsitzender der ESWE Versorgungs AG eine Weisung von der Stadtverordnetenversammlung erteilt, die dieser für bedenklich erachtete. Der Aufsichtsratsvorsitzende sollte demnach den Vorstand der ESWE anweisen eine Hauptversammlung einzuberufen, um damit eine außerordentliche Hauptversammlung bei einem Tochterunternehmen, den Kraftwerken Mainz-Wiesbaden (KMW), zu erwirken. Als Ziel der außerordentlichen Hauptversammlung der KMW war ein sofortiger Stopp umstrittener Planungsaktivitäten zum Bau eines Kohlekraftwerkes ausgegeben worden.

Die Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Wiesbaden bestand auf ihrem Weisungsrecht und klagte im Jahr 2008 beim Verwaltungsgericht Wiesbaden, welches dem Angeklagten in seinem Urteil von 3.9.2010 recht gab (AZ: 7 K 1222/08.WI). In zweiter Instanz wurde die Klage vom HessVGH erneut abgewiesen.

Der HessVGH stellte dazu fest, dass die aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip und der Selbstverwaltungsgarantie herleitbaren kommunalen Kontroll- und Einwirkungspflichten bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch privatrechtliche Gesellschaften im öffentlichen (Teil-) Eigentum nicht zu einer Modifizierung oder Suspendierung entgegenstehender Vorschriften des privaten Gesellschaftsrechts führen könnten. Vielmehr könne dies nur im Rahmen des gesellschaftsrechtlichen Instrumentariums umgesetzt werden. Laut HessVGH würde "ein Weisungsrecht gegenüber kommunalen Vertretern in Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften allgemein abgelehnt". Auch würde "den Gemeinden als wirtschaftlichen Unternehmern kein Sonderstatus [zukommen]", vielmehr "unterliegen sie wie jeder Aktionär voll den Vorschriften des Aktienrechts".