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Neue Herausforderungen für das Beteiligungsmanagement – das Beispiel Frankfurt am Main

Lars Scheider erläutert Herausforderungen des Beteiligungsmanagements in den Bereichen Nachhaltigkeit, Fachkräftemangel sowie IT-Sicherheit.

 


  • Kommunen müssen die Resilienz ihrer Beteiligungsorganisationen stärken, damit diese ihre vielfältigen Herausforderungen bewältigen können.
  • Neue Herausforderungen für die Beteiligungsunternehmen sind unter anderem Nachhaltigkeit, die EU-Taxonomie, der Fachkräfteengpass sowie Informationssicherheit. 
  • Das Beteiligungsmanagement fungiert als Mittler zwischen verschiedenen Akteuren und erfordert spezialisierte Fachkräfte sowie kontinuierliche Optimierung.

Die Kommunen stehen aufgrund der vielen und immer schneller aufeinanderfolgenden Krisen verstärkt unter (nicht nur) finanziellem Druck. Somit wird auch die „Widerstandsfähigkeit“ (Resilienz) der Beteiligungsorganisation stark gefordert, in deren Bereich das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Interessen und Auffassungen ein nicht unerhebliches Potenzial für Konflikte bietet. Gefordert werden die Beteiligungsunternehmen auch durch eine Vielzahl an neuen Herausforderungen wie etwa aktuelle Nachhaltigkeitsanforderungen oder die Umsetzung der EU-Taxonomie. Diese warden im Folgenden beschrieben und Handlungsoptionen für das Beteiligungsmanagement vorgestellt.

Beteiligungsmanagement als Intermediär

Das Beteiligungsmanagement bildet ein Scharnier zwischen einer Vielzahl von Personen und Gremien. Seine Rolle sollte als Intermediär, als Mittler zwischen den einzelnen Akteurinnen und Akteuren verstanden werden. Beteiligungsmanagement (und die damit einhergehende Beteiligungssteuerung) in Kommunen ist somit kein Selbstläufer, sondern ein komplexes und anspruchsvolles Aufgabenfeld mit vielen Dimensionen, für die es entsprechende Steuerungsinstrumente und eine stetige Optimierung benötigt. Diese Weiterentwicklung, die über die Anforderungen des klassischen Verständnisses des Beteiligungsmanagements hinausgeht, setzt einen gewissen Grad der Spezialisierung voraus. Kommunale Gremien und Verwaltungsführung brauchen entsprechende Fachkräfte und Fachwissen, um der Verantwortung gerecht zu werden.

Aktuelle Herausforderungen

Als aktuelle Herausforderungen für das Beteiligungsmanagement stehen unter anderem die Themen Nachhaltigkeit inklusive EU-Taxonomie, Fachkräfteengpass sowie Informationssicherheit im Fokus.

Nachhaltigkeit: Nachhaltigkeit ist ein zentrales Querschnittsthema in Kommunen und deren Beteiligungsunternehmen, für das diese auch eine Vorbild- und Hebelfunktion übernehmen. Die CSRD steht für „Corporate Sustainability Reporting Directive“ und ist eine EU-Richtlinie, die darauf abzielt, die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen zu verbessern und zu harmonisieren. Der verpflichtende CSRD-Anwenderkreis soll sich für die ab dem 1. Januar 2025 geltenden Geschäftsjahre auf alle bilanzrechtlich großen Unternehmen ausweiten und wird somit in Deutschland erstmals auch eine große Anzahl von Unternehmen der öffentlichen Hand betreffen.

Ziel ist es, dass mehr Unternehmen in der EU über ihre Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) berichten müssen und dass die Qualität und Vergleichbarkeit dieser Berichte verbessert wird. Die Stadt Frankfurt am Main hat sich bereits auf den Weg gemacht, die Anforderungen für ihre Beteiligungen umzusetzen. Dazu werden mit externer Hilfe die Vorgaben – örtlich angepasst – in ein ganzheitliches Konzept übertragen. Es ist empfehlenswert, sich hier frühzeitig als Kommune mit den entsprechenden Beteiligungen auf den Weg zu machen.

Die Rolle der EU-Taxonomie: Mit der EU-Taxonomie wurde ein verbindlicher Klassifikationsstandard zur Identifizierung (vorerst nur ökologisch) nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten geschaffen, der in die Berichtsanforderungen aus der CSRDRichtlinie integriert wird. Die Artikel 3 a bis c der Taxonomieverordnung benennen zu erfüllende, generelle Kriterien für die Annahme einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund von sechs Umweltzielen (Artikel 9). Spezielle Kriterien und Schwellenwerte zu den Zielen legen fest, ab wann eine Tätigkeit tatsächlich als nachhaltig gilt (technische Bewertungs-/Evaluierungskriterien). Diese sind Gegenstand delegierter Rechtsakte und anderer EU-Verordnungen und EU-Richtlinien (Artikel 3 d).

Im Kontext des Beteiligungsmanagements von Kommunen ergeben sich mehrere Herausforderungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-Taxonomie: Eine der größten Herausforderungen ist das Verstehen und Implementieren der komplexen und detaillierten Anforderungen der Taxonomie. Kommunen müssen sicherstellen, dass ihre Investitionen und die ihrer Beteiligungsgesellschaften den Kriterien entsprechen. Um die Einhaltung der Taxonomie nachweisen zu können, benötigen Kommunen detaillierte Daten über die Umweltauswirkungen ihrer Investitionen. Das Sammeln, Verarbeiten und Verifizieren dieser Daten können besonders für kleinere Kommunen eine erhebliche Herausforderung darstellen. Da die Taxonomie darauf abzielt, Investitionen in nachhaltige Projekte zu lenken, könnten Kommunen feststellen, dass traditionelle, nicht nachhaltige Investitionen schwieriger zu finanzieren sind. Dies könnte zusätzlichen Druck auf die Kommunen ausüben, ihre Beteiligungen und Investitionsprioritäten zu überdenken.

Fachkräfteengpass: Vor dem Hintergrund der weiterhin stetig wachsenden finanziellen Bedeutung und der stetig steigenden fachlichen Anforderungen im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung sind angemessene Rahmenbedingungen zur Steuerung für ein wirkungsvolles Beteiligungsmanagement von entscheidender Bedeutung. Dies gilt insbesondere auch für die qualitative und quantitative Ausstattung mit personellen und materiellen Mitteln. Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) empfiehlt als mögliche Methode zur Ermittlung des Stellenbedarfs (hier im Beteiligungsmanagement) die prozessorientierte Stellenbemessung. Dies ist ein systematisches Verfahren, bei dem die Faktoren detailliert untersucht werden, die den Stellenbedarf beeinflussen. Es gilt die Notwendigkeit, für ein professionell aufgestelltes Beteiligungsmanagement möglichst frühzeitig den Prozess der strategischen Personalplanung zu platzieren, sodass entsprechende Maßnahmen zur Realisierung ergriffen werden können. So wurde im Beteiligungsmanagement in Frankfurt durch die Aufstellung eines vierten Sachgebiets (20.34) „Digitales Beteiligungsmanagement“ eine Grundlage geschaffen, stadtintern aus den Studienjahrgängen der Inspektorenanwärterinnen und -anwärter digitale Verwaltung (IA DiV) Studienabsolventen in das Beteiligungsmanagement zu integrieren, was vor dem Hintergrund der dezentralen IT-Landschaft in Frankfurt am Main alternativlos erscheint. Aufgrund der stetig steigenden Anforderung an den Anteilseigner Stadt löst dies meiner Ansicht nach jedoch nicht die grundsätzliche Problematik der angemessenen Ausstattung – insbesondere in qualitativer Hinsicht. Aber es ist zumindest auf Basis der gegebenen Rahmenbedingungen ein Ansatz, der die Resilienz des Beteiligungsmanagements stärkt.

Das Thema Prozessoptimierung durch Automation (RPA) ist für mich seit meiner Übernahme der Leitung (2003) stets im Fokus. So wurde mit der Beschaffung der zentralen Datenbank Anteilsbesitz-Management-Informationssystem (AMI) bereits 2006 ein wichtiger Schritt in diese Richtung gemacht und durch eine konsequente Digitalisierung des Beteiligungsmanagements stets weiter vorangetrieben. Grundsätzlich kann auch der gezielte Einsatz von Automation, wie zum Beispiel künstlicher Intelligenz (KI), in Zukunft dabei unterstützen, dem Fachkräfteengpass entgegenzuwirken bzw. diesen in einigen Bereichen zu kompensieren.

Informationssicherheit: Informationssicherheit gewinnt im Beteiligungsmanagement immer mehr an Bedeutung. Da kommunale Beteiligungen wichtige öffentliche Dienstleistungen anbieten, können diese attraktive Ziele für entsprechende „Angriffe“ sein. Ein Sicherheitsvorfall kann nicht nur finanzielle Verluste verursachen, sondern auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger ernsthaft schädigen und zu einer Beeinträchtigung der kritischen Infrastruktur führen. 

Kommunale Beteiligungen sollten regelmäßig über ihren Status der Informationssicherheit berichten. Regelmäßige Audits und Penetrationstests unterstützen die Überprüfung der Wirksamkeit der Sicherheitsstrategien. Kommunen sollten sicherstellen, dass die Beteiligungen ausreichend in ihre Informationssicherheit investieren.

Das Beteiligungsmanagement in Frankfurt arbeitet seit Sommer 2024 an einer Hosting-Lösung für die AMI-Server – ein Meilenstein für die Informationssicherheit. Das Hosting des AMI-Servers des Beteiligungsmanagements erfolgt seit über 18 Jahren durch das IT-Amt der Stadt Frankfurt am Main in enger Abstimmung mit dem Beteiligungsmanagement und zetVisions. Neben der Frage einer verbesserten IT-Sicherheit (durch bestehende Zertifizierungen) und schnelleren Reaktionszeiten (Stichwort: Dienstleistung aus einer Hand, was auch den vom Beteiligungsmanagement finanzierten Support von zetVisions für das IKT zumindest deutlich reduzieren wird oder sogar völlig hinfällig werden lässt) stellt aus gesamtstädtischer
Sicht das Hosting durch zetVisions als Softwareanbieter auch die wirtschaftlichste Lösung dar. Darüber hinaus werden innerhalb des IKT administrative Aufwände reduziert bzw. eingespart und wertvolle Personalressourcen frei, die dann für wichtige Aufgaben der Digitalisierung der Stadtverwaltung zur Verfügung stehen und eingesetzt werden können. Das Abstimmungsprozedere bei Betriebs- und Technikfragen wird durch das Hosting ebenfalls vereinfacht. Im Rahmen einer „Make-or-Buy-Analyse“ fällt die Entscheidung daher eindeutig zugunsten des externen Dienstleisters aus.

Grundsätzlich ist die IT-Sicherheit nicht zum Nulltarif zu haben. Aber eins ist klar: Wer nicht in die IT-Sicherheit investiert, zahlt früher oder später mit seinen Daten einen ungleich höheren Preis.


Vertiefende Betrachtungen zur neuen Rolle des Beteiligungsmanagements als Intermediär sowie Empfehlungen für die kommunale Beteiligungssteuerung bietet der neue KGSt-Bericht 13/2024 „Quo Vadis Beteiligungssteuerung?“. Alle Darstellungen werden im Bericht mit hilfreichen Umsetzungsbeispielen aus der Stadt Frankfurt am Main unterlegt. KGSt-Mitglieder können die maßgeblich von Lars Scheider sowie Tobias Middelhoff, Programmbereichsleiter Finanzmanagement bei der KGSt, als Co-Autor erarbeitete Publikation unter www.kgst.de kostenfrei herunterladen.


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Assessor jur. Lars Scheider

Leiter Abteilung Beteiligungsmanagement, Stadtkämmerei Frankfurt am Main